„80 Jahre Kriegsende in Holzen“
80 Jahre Kriegsende in Holzen – der 08. Mai 1945 wurde vom „Krieg nach dem Krieg“ überlagert
Vor 80 Jahren ging am 08.05.1945 der zweite Weltkrieg mit der Kapitulation der deutschen Wehrmacht zu Ende. Millionen Tote waren zu beklagen. Ca. 6 Millionen Juden starben im Holocaust. Schwer traumatisierte Männer, Frauen und auch junge Menschen standen in einem weitgehend zerstörten Deutschland und wussten zunächst nicht, wie es weitergehen sollte. Erst ganz langsam drang die Realität ins Bewusstsein der Menschen: Der Nationalsozialismus hatte Deutschland ins Verderben geführt, Deutschland hatte den Krieg begonnen, Deutschland hatte den Krieg verloren und Deutschland war vielfach verantwortlich für das Leiden und Sterben von Millionen Opfern.
Heute, 80 Jahre danach sind Gedenken und Erinnerung angesagt. Nur noch wenige Menschen in Holzen und in den Wohnplätzen der Oelinghauser Heide leben noch, die als ältere Kinder, Jugendliche oder Erwachsene den Krieg bewusst miterlebt haben. Wirkliche Zeitzeugen sind rar geworden.
Da ist es gut zu wissen, dass das Wissen um das Geschehen in unserer näheren Heimat nicht verloren gegangen ist. Seit über 30 Jahren hat der Arbeitskreis Ortsgeschichte in Holzen Informationen zum Nationalsozialismus gesammelt, Quellen aufgespürt, Zeitzeugen befragt und vieles vom Geschehen damals in „Schrift, Bild und Ton festgehalten“. Kleine Teile dieser Sammlung wurden bereits in „Tüsken Linne un Lüer – Zwischen Kirchlinde und Lüerwald“ veröffentlicht. Eine größere Veröffentlichung zur Zeit des Nationalsozialismus und zum Krieg ist in den nächsten Jahren geplant.
Doch wie haben die Menschen in Holzen und in der Oelinghauser Heide das Kriegsende erlebt? Als am Vormittag des 13. April 1945 die Amerikanische Armee das Ortsgebiet Holzen besetzten, war der Widerstand der Deutschen Wehrmacht nur noch schwach. Zwar hatte man versucht, zwischen Mimberge, Oelinghauser Heide, Dreisborn und Oelinghausen noch eine Verteidigungskette mit Artillerie und Panzern aufzubauen, jedoch blieb es bei diesem sehr lückenhafte Versuch. Durch das massive Vordringen der amerikanischen Armee von Norden/Nordosten (Herdringen) und von Osten aus dem Röhrtal wurde die Gemeinde Holzen ohne größeren Widerstand eingenommen. Zu Kampfhandlungen kam es nur noch in Albringen und in Eisborn, wo versprengte und sich zurückziehende Truppenteile Widerstand leisteten. Überall hatten die Einwohner weiße Fahnen herausgehängt. Die Holzener Schule wurde für einige Zeit „Gefechtsstand“ für die Amerikaner. Zahlreiche Bewohner mussten ihre Häuser und Wohnungen räumen, um Platz zu machen für die nachrückenden Truppen. Das nationalsozialistische System brach zusammen. Für diejenigen, die daran geglaubt hatten – ein Schock. Viele Dorfbewohner, die schon länger nicht mehr an einen Sieg geglaubt hatten waren froh, dass es endlich vorbei war. Die Sorge um das Überleben, um die vermissten oder in Gefangenschaft geratenen Familienangehörigen und die vielen Fragen nach der Zukunft standen im Vordergrund. Viele empfanden den verlorenen Krieg als Niederlage und noch nicht als Befreiung von einem unmenschlichen System.
Nach dem Einmarsch der Amerikaner begann für Holzen der „Krieg nach dem Krieg“! Zahlreiche Zwangsarbeiter aus den Lagern Rauerfeld, Hönnetal und am Bahnhof Neheim-Hüsten wurden ebenfalls „befreit“, von den neuern Besatzern aber weitgehend sich selbst überlassen. Plündernd und auch mordend suchten sie die Höfe und Betriebe heim, auf denen sicherlich einige von ihnen vorher Zwangsarbeit hatten leisten müssen. Dass der eine oder andere Rachegedanken gegenüber seinen früheren Peinigern hegte, ist nachvollziehbar. Es gab aber auch Gegenbeispiele, wo Holzener Familien von „ihren ehemaligen Fremdarbeitern“ gegenüber plündernden Zwangsarbeitern in Schutz genommen wurden. Für die Holzener Bevölkerung eine sehr bedrohliche und gefährliche Zeit.
Mit dem Tag der Kapitulation, dem 08. Mai 1945 wurde zwar offiziell der Krieg und die Zeit des Nationalsozialismus beendet, in Holzen und in der Oelinghauser Heide ging die Auseinandersetzung noch bis zum Herbst des Jahres weiter und gipfelte im dreifachen Mord an und in der Oelinghauser Mühle am 23. Oktober 1945. Erst nachdem die Zwangsarbeiterin ihre Heimatländer zurückgeführt waren, kehrte wieder Ruhe in der Gemeinde ein. Aber 13 Jahre Nationalsozialismus hatten in den Köpfen der Bevölkerung ihre Spuren hinterlassen. Es sollte noch viele Jahre dauern, bis aus dem Empfinden einer „Niederlage“, das Gefühl der „Befreiung“ wurde. (Bernhard Padberg, Ortsheimatpfleger)
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